Edgar Dürholt
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Flug mit der MIG 29 am 14.8.1995

 

Wir fuhren wie gewohnt abends, d.h. am 13.8.’94 um ca. 22:30 vom Jaroslawler Moskauer Bahnhof in Richtung Dserschinsk, dies liegt eine Bahnstation kurz vor Nishnij Nowgorod (früher Gorki) und ist nach dem Begründer des NKWD, dem Polen Dhershinsky, benannt worden.

Natürlich hatten wir wie immer, wenn wir in diese Richtung fuhren auch an Getränke gedacht, d.h. dass wir je nach Geschmack entweder Whiskey oder Cognac tranken.

Als die Schaffnerin endlich vorbeischaute und uns Tee sowie Bettzeug zum Schlafen anbot, waren wir reif für das Bett.

Der Zug kam wie immer um ca. 6:30 am Morgen in Dserschinsk an und wir werden am Bahnhof von Fahrer der Capella abgeholt. Dieser bringt uns in unser Hotel, wo wir duschen bzw. frisch machen, um anschließend ausgiebig zu frühstücken. Zum Frühstück gibt es dunkles russisches Brot, Eier, Speck, ein Steak, Tee und Smetana, eine leicht säuerliche dickflüssige Sahne, einfach köstlich.

Gut gestärkt geht es gegen 10:00 zur Flugzeugfabrik, denn hier werden MIG 29 hergestellt. 

Die Kantinenchefin der Capella, der Produktionsfirma der von mir in Russland gegründeten Joint Venture, kennt den Vize-Direktor dieser Firma recht gut und hat dadurch den Kontakt und die Möglichkeit einmal mit einer MIG 29 zu fliegen erst ermöglicht. Doch sollte es vom ersten Gedanken bis zum Flug etwa 2 Jahre dauern bis der richtige Zeitpunkt sich ergab.

Schon Wochen vor dem Ereignis wurde mir aufgetragen ein ärztliches Attest bzgl. Flugtauglichkeit in extremen Zuständen beizubringen. Des Weiteren einen Schriftsatz zu erstellen, aus dem eindeutig hervorgeht, dass ich oder meine Familie im Falle eines Unglückes, sprich Absturz, die Firma in keinem Fall haftbar machen werden, mitzubringen.

Als ich im Werk eintraf, wartete man bereits auf mich. Der Wetterbericht war bereits eingeholt und auch die Flugroute bzw. die Gegend über der wir die Übungen durchführen sollten, festgelegt. Ich wurde dem Testpiloten Alexej vorgestellt und es gab eine kurze Flugbesprechung.

Anschließend wurde ich um die vorher erbetenen Papiere, sowie um die $ 6.000, - gebeten, die mir dieser Flug von 45 Minuten kosten würde.

Nun ging es zu einer Ärztin zur Untersuchung und sofort danach zum „Einkleiden“, d.h. ich musste alles einschließlich meiner Unterhose ausziehen und erhielt spezielle Unterwäsche, die man unter dem Druckanzug trägt. 

Nach dem Einkleiden ging es zur Orientierung in die Maschine. 

Auf dem Weg zur Maschine fuhren wir über Gelände der Firma, was dort so alles an verrostetem Schrott herumlag sah alles andere als Vertrauens erweckend aus. 

Wir stiegen über eine Metallleiter zur Maschine hoch und ich sollte mich hineinsetzten, um dann die vielen Schalter und Hebel erläutert zu bekommen.

Der Steuerknüppel sieht aus wie ein vergrößerter Joystick mit Knöpfen links rechts oben und unten. 

Die Schieber zur Beschleunigung der beiden Triebwerke liegen links an der Seitenwand in Höhe des Ellbogens.

Besonders beeindruckt hat mich die mehrfache Aussage, nicht an einen der mir gezeigten drei Hebel zu schalten, denn dies würde den Schleudersitz betätigen. Dabei wird die Kapsel über dem Kopf weggesprengt, damit man auf dem Schleudersitz sitzend aus der Kabine herausgeschossen wird, ohne dass einem dabei das Genick gebrochen wird. Außerdem wurde mir dringend empfohlen, falls eine solche Aufforderung des Testpiloten an mich gerichtet würde, die Arme zwischen die Oberschenkel zu legen. Damit sei sichergestellt, dass mir die Arme beim Herausschießen mittels Raketenantriebs nicht abgerissen würden!

In der Trainerversion der MIG 29 ist die Sicht des 2. Piloten beim Rollen und Landen sehr eingeschränkt, d.h. er muss über einen Spiegel nach vorne schauen. Im Flug ist die Sicht auch nach vorne einwandfrei.

Nun sollte es bald soweit sein. Ich konnte es mir immer noch nicht so recht vorstellen, dass dieser Traum wirklich in Erfüllung gehen sollte! Erst als wir beide eingestiegen waren, die Kanzel zufuhr und wir zu Rollen anfingen, sagte ich zu mir 

“gleich fliegen wir wirklich mit einer MIG 29“.

Wir verharrten kurz in der Startposition bis die Starterlaubnis erhielten und uns der Flugkorridor bestätigt wurde.

Mit dem 1. Piloten war ausgemacht, dass ich mich über Bordfunk sofort melde, wenn etwas nicht in Ordnung ist oder ich einen Wunsch haben sollte. 

Nach der Starterlaubnis bestätigten wir uns gegenseitig, dass alles ok ist und wir rollten los. Wir waren noch keine 400 m gerollt, da hoben wir schon von der Piste ab und schossen förmlich senkrecht gen Himmel! Es waren keine Triebwerksgeräusche zu hören, nur ein leichtes Rauschen.   

Alexej erklärte mir nun, dass wir erst einmal auf 17.000 Meter, die Russen rechnen in Meter, nicht in Fuß, steigen würden um dann einen kleinen Test an mir zu absolvieren. Er wollte oder vielleicht musste er sogar herausfinden wie Kunstflugtauglich ich sein würde, dass heißt er ließ die G-Force (Schwerkraft) auf mich einwirken.

In 17.000 Meter Höhe angekommen hielten wir kurz die Höhe, um sofort danach kopfüber im Winkel von 90 Grad, d.h. direkt auf die Erde zu zuschießen!

Durch den Druckanzug bedingt, der sich automatisch den Bedingungen des Flugzustandes anpasst, habe ich keinerlei Druck auf dem Magen verspürt. Allerdings hatte ich heftige Schmerzen in meinen Ohren, denn ich konnte keinen Druckausgleich herstellen. Durch den Helm auf dem Kopf, Atemmaske auf und geschlossenem Visier war es mir ja unmöglich die Nase zuzuhalten und den Druck auszugleichen! Ich war heilfroh, als wir kopfüber auf 4.000 Meter Höhe angekommen waren, doch sollte dies der harmlosere Teil des Tests sein. Kaum hatten wir diese Höhe erreicht drehte Alexej die Maschine fast 90 Grad auf die Seite und zog den Joystick an. Somit wurden die Kurven, die wir flogen immer enger und ich immer kleiner, trotz aller Kraftanstrengung bzw. Aufbäumens. Ich muss in dem Moment um 10 cm geschrumpft sein, den Kopf kaum noch hochhalten könnend. 

Alexej war mit mir zufrieden, ich hatte G-Force 5,8 überstanden und er meinte nun könne ich auch ohne Probleme den folgenden akrobatischen Teil unseres Fluges überstehen.

Mir war schon zu Beginn des Fluges gesagt worden, Hände und Füße an die Steuerinstrumente zu legen bzw. diese anzufassen und den Bewegungen zu folgen, damit ich später, wenn ich selbst in command sei, schon ein Gefühl für die Bewegungen und die Gängigkeit der Instrumente bekommen zu haben. 

Aber bevor ich das Steuer übernahm ging es erst einmal zum akrobatischen Teil in der Höhe von 4.000 Metern. Die Geschwindigkeit pendelte zwischen 900 km/h und 1.700 km/h, d.h. wir flogen bis zur 1,7-fachen Schallgeschwindigkeit! 

Was nun ablief lässt sich eigentlich gar nicht mit Worten beschreiben. Es war wie im Fernsehen, nur dass ich diesmal in der Maschine und nicht vor einem Fernsehapparat saß!

Wir schossen los und legten uns im Geradeausflug 90 Grad zur Seite nach rechts, um sekundenspäter in einem kurzen Schwenk die Maschine um 180 Grad nach links zu drehen und geradeaus weiterzufliegen. Die Maschine war dabei so wendig wie man es überhaupt nicht vorstellen kann, und dass bei dieser Geschwindigkeit. 

Als Nächstes ging es zurück zur Normallage, um sofort wieder mit einem kurzen Manöver die Maschine in Rückenlage zu fliegen! Es ist schon ein irres Gefühl so auf dem Kopf Stehend bzw. Sitzend zu fliegen. Die Erde rauscht unter einem vorbei, als stehe sie auf dem Kopf. Ein tolles Gefühl!

Wieder in Normallage zurückgekehrt erhöhten wir die Geschwindigkeit und zogen die Maschine hoch, sodass wir wieder auf dem Kopf saßen und einen Looping flogen.

So ging es von einer Lage in die andere, wir flogen spiralförmig im Geradeausflug, schossen spiralförmig in die Tiefe um sofort wieder hoch zu schnellen. 

Das Ganze ging ca. 25 Minuten und ich bekam eine kleine Vorstellung von dem was diese Maschine alles zu leisten in Stande ist. Nicht umsonst war die MIG 29 in den 80iger Jahren wohl das wendigste und gefürchtetste Flugzeug seiner Klasse.

Nun war meine Zeit gekommen, ich übernahm das Kommando bzw. den Steuerknüppel für die nächsten Minuten.

Selbstredend habe ich mich auf die fundamentaleren Manöver beschränkt.

Die Höhe bei verschiedenen Geschwindigkeiten bis zu 1,5 Mach genau zu halten war nicht sehr schwierig, aber es ist schon ein ganz anderes Gefühl eine MIG 29 zu steuern als eine Piper PA 28! Nachdem ich mit diesem Manöver zufrieden war, habe ich die Maschine auf die Seite gelegt und wieder versucht Höhe zu halten, was nun schon etwas schwieriger wird.  Auch habe ich die Maschine in einem Schwung von einer Seitenlage in die andere gebracht, alles immer mit Bedacht die Höhe zu halten. 

Auch die Schwerkraft habe ich selbst auf mich wirken lassen, doch bin ich nun wirklich nicht bis 5,8 G gegangen. Das habe ich mir nicht selbst angetan! Mit anderen Worten mein Teil des Fluges fiel recht bescheiden verglichen mit den vorangegangenen Manövern aus.

Nachdem ich das Kommando zurück übertragen habe, sind wir auf 800 Meter gesunken und Alexej hat etliche der vorerwähnten Manöver wiederholt, bloß dass dieses Mal die Erde sehr viel näher war. Das bemerkt man wahrscheinlich im Rückenflug am deutlichsten, denn es kommt einem so vor als flöge man mit dem Kopf knapp über die Baumwipfel und man sich vorsehen muss nicht einen zu hohen Baum anzufliegen. Wir haben die Manöver so nah am Boden wiederholt, weil Andre glaubte, dass da unten jemand mit einer Videokamera steht und uns filmt. Dies hätte ich ja gerne so gehabt, doch durfte niemand außer mir auf das Gelände. Somit gibt es leider nur ein paar Photos von diesem wunderbaren Erlebnis.

Wir auf der Erde angekommen, bekam ich von der Dame, die dies möglich gemacht hatte erst mal einen Kuss und ein paar Rosen. Ich war richtig high und überwältigt von diesem Erlebnis und brauchte mehrere Tage um dies alles zu verarbeiten, angefangen damit dass dies nun endlich nach 30 Jahren Wunschliste wahr geworden war.