Edgar Dürholt
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Reisen in Länder N-Z
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Shanghai Straße Januar 1976

Volksrepublik China

Shanghai, Peking und die Große Mauer vom 12. bis 18. Februar 1976

 

Am 12. Februar 1976 flog ich mit meiner Familie nach China. 

Zhou Enlai war am 8. Januar gestorben und es kam ihm zu Ehren zu spontanen Kundgebungen auf dem Platz des Himmlischen Friedens. 

Mao Tse-tung lebte bis zum Herbst 1976. 

Ich hatte über 3 Jahre versucht ein Einreisevisum zu erhalten, doch gab es immer wieder neue Gründe warum dies leider zurzeit nicht möglich sei. Einmal waren keine Hotelzimmer frei, dann stand kein Dolmetscher zur Verfügung, aber bei jeder Antragstellung in der chinesischen Botschaft erhielt ich eine Tasse Tee. 

 

Doch dann ging alles ganz schnell. Etwa eine Woche vor unserer Abreise erhalte ich einen Anruf der Botschaft, man teilt mir mit, dass der Visumantrag genehmigt sei und ich die Pässe zum Eintragen der Visa bringen solle! 

Doch es waren keine Schulferien und unsere Kinder einfach für eine Woche von der Schule zu nehmen, hielten wir für nicht richtig. 

So entschieden wir, dass ich erst alleine fliegen solle.

Doch da war die chinesische Botschaft ganz anderer Meinung und teilte mir sehr freundlich mit, dass das Visum für die Familie gelte, d.h. entweder fliegen alle oder keiner! 

Die Schullehrer mussten wir nicht überzeugen unseren Kindern Sonderurlaub zu geben, denn jeder wäre gerne einmal nach China geflogen, doch keiner hatte bisher ein Visum bekommen. 

Also organisierte ich Tickets für uns und wir bereiteten uns auf das Abenteuer China, so gut es ging, vor.

In der Boeing 707 der Japan Airlines von Tokyo nach Peking saßen nur Geschäftsleute aus aller Herren Länder, die uns verwundert anschauten, denn wir waren die einzige Familie mit Kindern an Board. In den 70-er Jahren wurden ausländische Geschäftsleute nur zu Messen oder konkreten Verhandlungen eingeladen. Ausländische Touristen gab es Anfang 1976 in China so gut wie keine. 

 

Beim Anflug in Peking schneite es so kräftig, dass unser Pilot offensichtlich die Landepiste nicht ausmachen konnte und deshalb durchstarten musste.

Doch was jetzt?

Es rührte sich nichts und es dauerte bestimmt 20 Minuten bis wir über eine Durchsage darüber informiert wurden, dass unser Flug nach Shanghai umgeleitet worden sei. 

Erst habe ich gerätselt, aber dann wurde mir klar, dass dies wohl die einzige Wahl war. Für eine Umkehr nach Tokyo mit über 4 Stunden Flugzeit hatten wir zu wenig Kerosin an Board und im näheren Umland von Peking wäre man auf uns Ausländer überhaupt nicht vorbereitet gewesen. So blieb eigentlich nur die 2 Stunden entfernte Metropole Shanghai als Ausweg aus dieser für damalige Verhältnisse komplizierten Situation.

Vom Flugplatz wurden wir zu den Shanghai Mansions gefahren, dort einquartiert und aufgefordert das Hotel nicht zu verlassen. Ich bin trotzdem mit meiner jüngsten Tochter auf die Straße gegangen. Die Menschen schauten uns an, als würden sie Geister sehen. Es formten sich nach unserem Anblick sofort kleine Gruppen, die offensichtlich über uns sprachen.

Vom Fenster unseres Hotelzimmers konnten wir auf den Bund, die Ufer-Promenade des Huangpu Flusses in Shanghai sehen. Auch die Waibaidu Brücke über den Suzhou Fluss lag vor uns, der hier in den Huangpu mündet. Vor uns lagen große Holzflöße, d.h. aneinandergebundene Holzstämme, die auf dem Fluss transportiert worden waren. Lastkähne lagen zu Dutzenden auf dem Fluss. 

Alles sah traurig und grau aus, auch die Luft war grau und es roch nach verbrannter Kohle bis zu uns hinauf ins Zimmer.

 

Das Shanghai Mansions hat eine bewegte Geschichte, die ich erzählen möchte:

1934 wurde es als 5 Sterne Art Deco Hotel mit neunzehn Stockwerken fertiggestellt und hieß bis 1951 „Broadway Mansions“. Es war eines der Feinsten Hotels Asiens.

Selbst während des chinesischen Bürgerkrieges, als auf dem Land bereits sehr intensive Kämpfe stattfanden, wurden im Foreign Correspondence Club noch die berüchtigten Partys gefeiert.

Journalisten und Geschäftsleute vieler Länder wohnten im Broadway Mansions und tanzten mit ihren russischen Mätressen und Amerikanerinnen. Auch Schwarzmarkt-Spekulanten und Soldaten tanzten hier durch die schwülen Shanghaier Nächte. 

Auch ein populäres Bordell wurde hier betrieben.

 

Es war für über 5 Dekaden eines der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Shanghais.

1969 wurde es kurzfristig in Shanghai Mansions umbenannt. 

Die Roten Garden nannten es nach Ausbruch der Kulturrevolution „Anti-Imperialism-Building“.

Ab 1972-1996 wurde es dann wieder Shanghai Mansions und ab 1996 dann wieder das Broadway Mansions.

Es hatte zur Zeit unserer Übernachtung 1976 überhaupt nichts mehr mit „Feinstem Hotel“ zu tun.

 

Am nächsten Tag flogen wir dann zurück nach Peking und erst an diesem Tag sind wir laut Passeintrag offiziell eingereist. Wir sind also offiziell nicht in Shanghai gewesen.

 

Schon am Laufband, wo man den Koffer in Empfang nimmt, stand unser Englisch sprechender Dolmetscher und Aufpasser. Am nächsten Tag erschien jedoch zu unserer Verwunderung ein anderer Dolmetscher, der Deutsch mit uns sprach! 

Mr. Lou organisierte nun unseren gesamten Aufenthalt. 

Ein Auto mit Fahrer, damit wir beweglich waren für Besichtigungen und Fahrten zur Großen Mauer, den Ming-Gräbern, den Himmelstempel, den Sommerpalast und die Verbotene Stadt. 

Die Besichtigungen all dieser einmaligen Sehenswürdigkeiten in der Umgebung Pekings waren für uns außergewöhnliche Erlebnisse. 

Bei dem Besuch des Revolutionstheaters wurde ein Stück gespielt, von dem wir natürlich sprachlich nichts verstanden, bei dem es dafür aber sehr lautstark zuging. 

Im Kindergarten wurden uns kleine Jungen und Mädchen vorgeführt, die vor uns tanzen und singen mussten. 

Eine Kunstfabrik gehörte auch zum Besuchsprogramm. Ich habe den Ausdruck Kunstfabrik gewählt, weil dort dutzende Menschen in Reih und Glied saßen und kunstvoll winzige Schnupftabakdosen aus Glas von innen mit einem einzigen Haar bemalten. 

 

Eigentlich durfte Mr. Lou uns nicht aus den Augen lassen, doch wir haben ihn am Sonntag nach Hause zu seiner Familie geschickt. So hatte ich Gelegenheit allein in der Umgebung des Peking Hotels mit meiner Kamera bewaffnet herumzulaufen. Wo immer ich auch nur einen Moment stehen blieb, um eine Aufnahme zu machen oder einfach nur, um genauer irgendwo hinzuschauen, war ich sofort von einigen Dutzend Leuten umringt, die mich nur anstarrten! Nachdem mir dies 5-6-mal passierte blieb ich in Bewegung, denn es ist ein ziemlich unangenehmes Gefühl wie ein Zirkuspferd angestarrt zu werden. 

In unserem Hotel standen natürlich damals noch überall große Spucknäpfe herum. Selbstverständlich wollte ich auch dort hineinspucken! Da ich jedoch nicht die Übung bzw. kein Zielwasser getrunken hatte, musste ich mich über den Napf stellen! Hätte ich vorher gewusst, was ich da unter mir im Napf zu Gesicht bekomme, hätte ich höchstwahrscheinlich auf das Spucken verzichtet. 

 

Gegessen wurde in einem großen Raum und es standen genaue Zeiten fest, in denen man etwas bestellen konnte. Wir saßen an sehr langen Tischen an einem Ende. 

Die in blauer Uniform gekleideten Kellnerinnen haben es geschafft, Schüsseln mit Reis kunstvoll über 5 Meter in unsere Richtung rutschen zu lassen, sodass diese fast genau vor uns standen! Sonst hätten sie ja 7 Schritte weiter gehen müssen. 

Damals war das Straßenbild ziemlich trostlos und farblos, denn es gab nur 3 Farben bei den Kleidungsstücken: dunkelblau, grün und grau. 

Selbst die Millionen Fahrräder waren so gut wie farblos, d.h. schwarz. 

Das Militär trug grüne Uniformen, aber man sah keine Rangabzeichen! Später habe ich erfahren, dass die Anzahl der aufgenähten Taschen die Rangordnung kennzeichnete! Von wegen alle gleich. 

 

Als Touristen meinten wir damals ein Souvenir aus China mitbringen zu müssen und haben ein paar kleine Teile auserkoren, u. A. ein Gefäß um Räucherstäbchen abzubrennen. Doch als es an das Bezahlen der Gegenstände ging, standen wir vor einem Problem, denn es wurde nur Bargeld akzeptiert. Kreditkarten waren noch nicht willkommen.

Da die Chinesen offensichtlich noch keine schlechten Erfahrungen hatten, bot man uns an das Entgelt für die ausgesuchten Gegenstände nach Rückkehr in Japan zu überweisen. 

 

Herrn Lou, unseren Dolmetscher, habe ich nach über 10 Jahren zufällig wieder getroffen. Er war mittlerweile Hoteldirektor in Peking geworden. Ich bin dann später auch einmal Gast in seinem Hotel gewesen.

 

Wenn man China, d.h. Peking und Shanghai 1976 gesehen hat und die beiden Städte mit 2019 vergleicht, so traut man seinen eigenen Augen nicht, so hat sich alles verändert. Hätte ich keine Fotos von damals, dann würde ich es nicht glauben können. 

Aus dem grauen trostlosen Einerlei sind farbenfrohe Menschenmassen geworden. Die früher meist eingeschossigen Häuser mussten allerdings weitgehend unzähligen Wolkenkratzern Platz machen. 

Ein ganz anderes China! 

Keine Stadt hat sich in den letzten 40 Jahren so verändert wie Shanghai. Das konnten wir 2019 noch einmal mit unseren eigenen Augen feststellen.